Null Toleranz gegenüber Extremisten von Links und Rechts

Aus Positionen der FDP Sachsen
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Beschluss des 36. Landesparteitages der FDP Sachsen, Plauen, 16. April 2011

Die Bürger im Freistaat Sachsen waren im 20. Jahrhundert über fünfzig Jahre mit den Folgen von politischem Extremismus konfrontiert. In historisch einmaliger und unvergleichbarer Art und Weise haben die Nationalsozialisten in zwölf Jahren Herrschaft Trümmer und unermessliches menschliches Leid hinterlassen sowie Menschenrechte in eklatanter Form gebrochen.

Die sich anschließende Diktatur durch den Kommunismus hat auf dem Gebiet des heutigen Freistaates zu politischer Verfolgung, der Ermordung Oppositioneller und dem Entzug von Freiheitsrechten geführt. Auf Grund der leidvollen Erfahrungen einer ganzen Generation lehnen die Bürger des Freistaates heute in ihrer übergroßen Mehrheit Gewalt und politischen Extremismus von Links und Rechts klar ab.

Umso größer ist die Bestürzung gegenüber rechten und linken Aktivisten, die politisch motivierte Straftaten begehen und extremistische Parolen verbreiten. Der von Rechtsextremisten und von Linksextremisten ausgehende Missbrauch des Gedenkens der Dresdner an die Zerstörung der Stadt am 13./14. Februar 1945 ist ein besonders eklatantes Beispiel für politischen Extremismus. Auf Grund eigener leidvoller Erfahrungen kann es deshalb für Sachsen nur heißen: Null Toleranz gegenüber Extremisten von Rechts und Links.

Als extremistisch betrachten wir jene Ideologien und Handlungen, die sich aktiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung (FdGO) und die Grundrechte des deutschen Grundgesetzes wenden. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung rechnen wir mindestens: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Unabhängigkeit der Gerichte und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.

Der Rechtsextremismus definiert sich unter anderem über übersteigerten Nationalismus, Rassismus sowie Antisemitismus und Agitation gegen Demokraten. Der Linksextremismus ist dagegen heterogener, aber definiert sich häufig über die Ablehnung der Eigentumsordnung und der rechtsstaatlichen Sicherung der öffentlichen Ordnung in Kombination mit anti-individualistischen, radikal-egalitären Ideen.

Gesellschaftliche Debatte führen

Für die Bürger des Freistaates sind Demokratie und Freiheitsrechte besonders wertvoll, denn für diese haben sie 1989 gekämpft. Doch Extremisten von Rechts und Links wollen diese Errungenschaften abschaffen oder zumindest in Frage stellen. Deshalb müssen wir eine breite gesellschaftliche über Grundwerte der Demokratie und die Vorzüge einer demokratischen Gesellschaft führen. Wir müssen unseren Kindern rechtzeitig erklären, welche Folgen Unfreiheit und Extremismus haben. Für die gesellschaftliche Debatte ist Personen der Zeitgeschichte Raum zu geben, ihre Erfahrungen an die kommende Generation weiterzugeben. Die Stasi-Unterlagenbehörde und die Zentrale für politische Bildung sollen bei der politischen Bildung aller Sachsen mitwirken. Zusammen mit verschieden Stiftungen kann so eine breite Öffentlichkeit für Maßnahmen der Demokratieförderung gewonnen werden.

Demokratie ist unteilbar. Sie kann auch nicht dadurch geschützt werden, dass eine politische Extremistengruppe aus vermeintlicher Notwendigkeit eine andere mit entgegengesetzter politischer Ausrichtung bekämpft. So sind Gewalttaten von Links nicht zu rechtfertigen, nur weil sie sich gegen Rechtsextremisten richten. In einer Demokratie heiligt der Zweck nicht die Mittel. Demokraten werfen nicht mit Steinen, sondern überzeugen mit Worten.

Linksextremisten muss das Recht abgesprochen werden, sich als Kämpfer gegen Rechts und Verteidiger der Demokratie darzustellen. Unter Demokraten sollte es Konsens sein, dass die Aktivitäten von Rechts- und Linksextremisten unvereinbar mit Demokratie und Toleranz sind.

Als FDP wollen wir dazu beitragen, dass der Kampf gegen Extremismus und Gewalt und für Freiheit und Demokratie von einer breiten gesellschaftlichen Basis getragen wird. Dazu engagieren wir uns bei der ehrenamtlichen Parteiarbeit, in den Parlamenten und bei der politischen Bildung auf allen Ebenen.

Extremistisches Gedankengut bloßstellen

In den Parlamenten auf Lokal- und Landesebene wird leider viel zu häufig extremistisches Gedankengut verbreitet. Das darf nicht einfach toleriert werden. In Gemeinde- und Stadträten sowie Kreistagen und politisch auf Lokal- Und Regionalebene wird leider zu häufig extremistisches Gedankengut unreflektiert verbreitet. Das darf nicht toleriert werden.

Für die Freien Demokraten gilt: Wer den Nationalsozialismus oder den Kommunismus einführen will oder verharmlost, kann nicht unser Partner sein. Nur weil jemand demokratisch gewählt ist, ist er nicht automatisch ein überzeugter Demokrat. Die FDP wird daher in ihrer politischen Verantwortung dafür sorgen, dass die Folgen von extremistischen Forderungen aufgezeigt werden. Die FDP bekämpft dabei Extremismus in den Parlamenten mit Argumenten, und nicht mit Geschäftsordnungstricks. Wer demokratisch gewählt ist, hat die gleichen Rechte. Diese gilt es uneingeschränkt zu gewähren. Alles andere wäre nicht nur undemokratisch, sondern mit Blick auf den ethisch-moralischen Anspruch einer demokratischen Bürgergesellschaft auch kontraproduktiv.

Freiheitsrechte stärken – Rechtsstaat achten

Null Toleranz gegenüber Rechts und Linksextremisten heißt aber auch, Freiheitsrechte zu stärken. So gut gemeint ziviler Ungehorsam ist, um genehmigte Demonstrationen von Neonazis zu verhindern, so falsch sind rechtlich unzulässige Blockaden. Als FDP erwarten wir, dass in der Öffentlichen Diskussion und den Medien solche Verstöße gegen geltendes Recht nicht bagatellisiert werden. Für uns als Liberale können Extremisten nur mit rechtsstaatlichen Mittel und mit Argumenten bekämpft werden, nicht jedoch mit Straftaten und Verstößen gegen geltende Gesetze. Die sächsische FDP spricht sich daher dafür aus, Verstöße gegen Versammlungsgesetze strikt und umfassend zu ahnden. Sitzblockaden, die genehmigte Demonstrationen verhindern, lehnen wir ab. Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut. Wer aber Gewalt anwendet oder Gesetzesverstöße begeht, kann auf dieses Freiheitsrecht nicht bauen. Die Polizei hat bei der Durchsetzung des Versammlungsrechts unsere Unterstützung.

Extremistische Strukturen erkennen und bekämpfen

Der Verfassungsschutz beobachtet zu Recht die Quantität und Qualität von politischem Extremismus. Hierbei darf nicht nachgelassen werden. Um Extremisten politisch und strafrechtlich bekämpfen zu können, muss bekannt sein, wo sich diese befinden und wer sie steuert. Die Beobachtung extremistischer Strukturen muss weiter konsequent fortgeführt werden. Die Mitgliedschaft in einer Partei darf dabei kein grundsätzlicher Ausschlussgrund für die Beobachtung durch den Verfassungsschutz sein.

Politische Bildung in Schulen, Vereinen und Verbänden

Durch den Einzug der NPD in den Sächsischen Landtag im Jahr 2004 wurde das seit langem bestehende Problem des politischen Extremismus für alle Bürger sichtbar. Eine wirksame Immunisierung gegenüber Extremismus muss früh beginnen. Der Freistaat Sachsen fördert vor allem seit 2004 in unzähligen Programmen mit unterschiedlichen Erfolgen Maßnahmen für Jugendliche gegen politischen Extremismus. Doch die menschenverachtenden Parolen der NPD und ihrer Anhänger dürfen uns nicht taub machen für demokratiefeindliche Losungen von Links. Programme allein gegen Rechtsextremismus sind einseitig. Vielmehr muss es um die Akzeptanz demokratischer Werte und die Achtung von Freiheits- und Menschenrechten gehen. Dabei muss mehr als bisher auf die Gefahren und die Inhalte der Linksextremisten eingegangen werden. Deren gewaltbereite Anhängerschaft hat sich in den vergangenen Jahren stark erhöht. Zudem muss die Wirksamkeit der Programme regelmäßig überprüft werden. Wir wollen die bisher bestehenden Programme zur Förderung der Demokratie zusammenfassen. Dafür soll das Programm „Weltoffenes Sachsen“ die Grundlage bieten, um die unterschiedlichen Aktionsbereiche „Demokratieförderung“, „Prävention“ und „Repression“ miteinander zu verzahnen. Wir erwarten von jeder Organisation, die jungen Menschen unsere Demokratie erklärt, dass sie sich selbst zu diesen Werten uneingeschränkt bekennt. Fördermittel kann es nur für Demokraten geben, nicht für Extremisten.

Der Staat kann und sollte eine Grundlage für den Schutz der Gesellschaft vor extremistischen Aktivitäten legen. Dennoch kann das alleinige Handeln von staatlichen Repräsentanten und Behörden die Demokratie nicht schützen. Die Verteidigung demokratischer Werte gelingt nur, wenn sich die gesamte Bürgergesellschaft immer wieder neu dieser Verantwortung stellt.

Eine besondere Rolle kommt dabei demokratischen Jugendorganisationen und Jugendvereinen (politisch als auch nicht-politisch) zu. Sie haben den einfachsten Zugang zu Jugendlichen, die am leichtesten gegenüber extremistischen Vorstellungen anfällig sind. Die direkte, ortsgebundene Jugendarbeit ist dabei der effektivste Ansatz, um vor allem präventiv zu wirken. Sei es in Vereinen, Jugendeinrichtungen, dem organisierten Sport und anderen kommunalen Strukturen. Den Extremisten darf von der Bürgergesellschaft kein Raum gegeben werden, eigene Strukturen aufzubauen oder bestehende zu unterwandern.

Wir wollen zudem die Demokratieerziehung in Kindergarten und Schule durch altersgemäße Angebote stärken. Durch das frühzeitige Kennenlernen der verschiedenen demokratischen Beteiligungsformen erleben Kinder bereits in Kindergarten und Grundschule ein verantwortungsvolles Miteinander. Entscheidungsprozesse die auf gemeinsamen Meinungsaustausch basieren, werden von den Pädagogen mit begleitet. Es muss ausreichend Gelegenheit und Zeit geben, um Meinungsfindung und den Austausch von Argumenten zu üben. Zudem wollen wir mehr als bisher auf die Folgen von Extremismus und Gewaltherrschaft an Hand unserer eigenen Geschichte hinweisen. Die Vermittlung von Wissen über die ehemalige DDR muss verstärkt und anhand erlebbarer Geschichte, beispielsweise durch Gedenkstättenbesuche oder Zeitzeugenberichte, den Schülern näher gebracht werden. Jeder sächsische Schüler sollte einmal in seiner Schulzeit in einer Gedenkstätte gewesen sein. An einem Demokratietag sollen sich sächsische Schüler projekt- und praxisorientiert mit demokratischen Grundwerten, den Folgen von Diktatur und dem Aufbau unserer Demokratie vertraut machen.