Fachkräfte für die sächsische Wirtschaft langfristig sichern – Perspektiven für Arbeitnehmer und Unternehmen verbessern

Aus Positionen der FDP Sachsen
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Beschluss des 35. Landesparteitages der FDP Sachsen, Hartha, 30. Oktober 2010

Sachsens Wirtschaft wächst. Trotz schwieriger Anpassungen und zahlreicher Krisen in den letzten zwei Jahrzehnten holen sächsische Unternehmen auf. In einigen Wirtschaftsbereichen des verarbeitenden Gewerbes gehört Sachsen heute bereits zu den Innovations- und Wachstumspionieren in Deutschland und Europa. Die Arbeitslosigkeit liegt auf dem niedrigsten Stand seit Anfang der 1990er Jahre, die Beschäftigtenzahl hat trotz Bevölkerungsrückgang den höchsten Wert seit vielen Jahren erreicht.

Diese Entwicklung ist erfreulich, gleichzeitig entstehen aber neue Herausforderungen für den Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Der Bevölkerungsrückgang, die sinkende Zahl Jugendlicher und das steigende Durchschnittsalter verknappen das Angebot an Fachkräften für sächsische Unternehmen. Daraus kann sich eine ernsthafte Bremse für Wachstums- und Wohlstandszuwächse in Sachsen entwickeln.

Deshalb müssen der Freistaat Sachsen und seine Unternehmen rechtzeitig Strategien für die verstärkte Gewinnung von Fachkräften entwickeln und umsetzen.

Bildung und Ausbildung stärken

Die Qualität staatlicher Bildungsangebote muss weiter verbessert werden, insbesondere mit Blick auf die Steigerung der Ausbildungsfähigkeit Jugendlicher. Dazu sollen folgende Maßnahmen ergriffen bzw. weiterentwickelt werden:

  1. Ausbau der frühkindlichen Bildung, um frühzeitig Lern- und Sprachschwierigkeiten zu erkennen und zu beseitigen sowie um besondere Begabungen rechtzeitig zu fördern;
  2. Weiterentwicklung der Mittelschule zur Oberschule mit hohem Praxisbezug;
  3. Verbesserung der bisherigen Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Schularten mit dem Ziel, den Erwerb von höheren Bildungsabschlüsse zu ermöglichen;
  4. Breites Informationsangebot an Eltern und Schüler über die verbesserten und vielfältigen Anschlussmöglichkeiten des sächsischen Schulwesens – als Entscheidungsgrundlage für eine individuelle schulische und berufliche Lebensplanung;
  5. Überprüfungen der bisherigen Angebotsumfänge von vollzeitschulischen Ausbildungsgängen. Die Fortführung vollzeitschulischer Ausbildungsgänge, die in Berufen gemäß Berufsbildungsgesetz oder Handwerksordnung ausbilden, ist an den Notwendigkeiten des Arbeitsmarktes auszurichten. Diese parallelen Ausbildungsangebote sind grundsätzlich zu vermeiden. Angebote und Umfänge von beruflicher Ausbildung, die durch Berufsbildungsgesetz oder Handwerksordnung nicht erfasst sind, müssen sich an der landesspezifischen Bedarfssituation ausrichten;
  6. Ausbau der Beruflichen Schulzentren zu regionalen Kompetenzzentren. Ziel ist es, die fachlichen Möglichkeiten der regionalen Kompetenzzentren für Aufgaben der beruflichen Aus- und Weiterbildung besser miteinander zu verbinden und zielgenauer einzusetzen;
  7. Stärkung der Dualen Berufsausbildung durch bessere Orientierung an den Anforderungen zur tatsächlichen Ausübung eines Berufes. Zu frühe Spezialisierungen gehen zu Lasten der Vermittlung von grundlegenden Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten und schränken die breite Verwendungsmöglichkeit womöglich ungewollt ein. Gerade in der Phase des Berufseinstieges ist diese Gefahr zu vermeiden.;
  8. Konzentration des Gymnasiums auf die Vermittlung der Studierfähigkeit;
  9. Erhöhung der Studierendenzahlen an Berufsakademien und Fachhochschulen;
  10. Unterstützung bei der Überprüfung der Bologna-Reform durch die Hochschulen mit Blick auf Studienzeiten und Lehrinhalte;
  11. Unterstützung des Lebenslangen Lernens durch individuelle und direkte Förderung für Arbeitnehmer, Arbeitssuchende und Unternehmen, z. B. durch Einführung einer sächsischen Weiterbildungsprämie. Damit soll die bisher überwiegend direkte Finanzierung von Bildungsträgern im Rahmen von Förderprogrammen des Europäischen Sozialfonds (ESF) zugunsten einer stärkeren Nachfrageorientierung verringert werden.

Fachkräftepotenzial heben – Familienfreundlichkeit verbessern

Bereits heute schöpft Sachsen sein Fachkräftepotenzial im bundesweiten Vergleich gut aus. Dennoch stehen eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen mit fehlender, geringer oder nicht nachgefragter Qualifizierung, viele Ältere sowie zahlreiche allein erziehende Frauen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Nicht nur wegen des demografischen Wandels gilt es, diesen bislang benachteiligten Gruppen auf dem Arbeitsmarkt neue Chancen für einen beruflichen Einstieg zu ermöglichen. Dazu bedarf es:

  1. des Ausbaus flexibler Kinderbetreuungsangebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie;
  2. der Konzentration staatlicher Förderprogramme auf Maßnahmen zur Qualifizierung für den ersten Arbeitsmarkt statt reiner staatlicher Beschäftigungsprogramme;
  3. der Erhöhung der Bereitschaft zur Beschäftigung älterer Mitarbeiter und zur Ausbildung von Jugendlichen, die nicht auf Anhieb alle Anforderungen optimal erfüllen;
  4. der Unterstützung von überbetrieblicher Ausbildung in Zusammenarbeit mit Unternehmen anstelle rein außerbetrieblicher Ausbildung. Ausgenommen bleiben gesundheitsmedizinische Fachberufe, da sie in dualer Ausbildung nicht angeboten werden.

Berufs- und Studienorientierung verbessern

Die Berufsorientierung ist ein komplexer Prozess, an dem die Schüler, deren Eltern sowie Unternehmen und Bildungseinrichtungen beteiligt sind. Die hohe Abbruchquote unter Auszubildenden und Studierenden zeigt, dass die Vorstellungen vom zukünftigen Beruf häufig nicht mit der Realität übereinstimmen. Hinzu kommt, dass die Nachfrage nach Modeberufen mit geringem Beschäftigungs- und niedrigem Verdienstpotenzial oft höher ist als nach Erfolg versprechenden Berufen. Zur Verbesserung der Berufs- und Studienorientierung sollen unter anderem folgende Maßnahmen beitragen:

  1. Stärkung der Landesarbeitsgemeinschaft Schule-Wirtschaft als landesweite zentrale Organisation für Fragen der Berufsorientierung und Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft;
  2. Intensivierung und Stärkung eigenverantwortlicher Strukturen für eine enge regionale Zusammenarbeit von Unternehmen, allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen;
  3. Entwicklung und Bereitstellung eines dauerhaften Ausbildungsbarometers, welches Beschäftigungs- und Verdienstchancen in den sächsischen Regionen auf einfache Art und Weise darstellt;
  4. Flächendeckende Bereitstellung des Berufswahlpasses in sächsischen Schulen;
  5. Einführung eines sozialverträglichen Systems von Studienbeiträgen mit einem Landesbonus für sächsische Studierende;
  6. Engere Einbeziehung von Eltern in die schulische und außerschulische Berufsorientierung.

Möglichkeiten für qualifizierte Zuwanderung verbessern

Ungeachtet der Hebung aller internen Fachkräftepotentiale ist für den Freistaat Sachsen auch eine gesteuerte Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte notwendig. Der Wohlstand vieler Nationen wäre nicht möglich, ohne dass ausländische Bürger mit ihren Ideen und ihrer Arbeitskraft dazu wesentlich beigetragen hätten. Wir wollen eine gezielte Zuwanderung zur Stärkung von Wissenschaft und Wirtschaft in Sachsen anstelle einer unkontrollierten Zuwanderung in unsere Sozialsysteme. Handlungsbedarf besteht in folgenden Bereichen:

  1. Erleichterte Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen ausländischer Bürger aus Nicht-EU-Ländern sowie Schaffung einheitlicher bundesweiter Standards;
  2. Senkung der Verdienstgrenzen für ausländische Arbeitnehmer auf rund 30.000 Euro pro Jahr;
  3. Vereinfachte Möglichkeiten für Aufenthalt und Arbeit im Anschluss an ein Studium in Sachsen bzw. Deutschland;
  4. Schaffung eines Punktesystems für die Einwanderungssteuerung in Anlehnung an die Praxis in Ländern wie Australien und England.