Neue Impulse für die Seniorenpolitik. Potenziale des Alters nutzen – Herausforderungen des demografischen Wandels meistern

Aus Positionen der FDP Sachsen
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Beschluss des 34. Landesparteitages der FDP Sachsen, Chemnitz, 27. März 2010

Die deutsche Gesellschaft altert. Diese Entwicklung ist seit Jahren bekannt und seit Jahren ein Thema. Immer stärker werden die Auswirkungen des demografischen Wandels jetzt auch im Alltag spürbar.

In Sachsen sind 31 Prozent der Gesamtbevölkerung über 65 Jahre alt. Nach Berechnungen des Statistischen Landesamtes wird sich der Anteil bis 2020 auf 40 Prozent erhöhen. Die Anzahl der 80 Jährigen wird sich um 13 Prozent bis 2020 steigern, aber die Zahl der 20–40 Jährigen um 13 Prozent verringern.

In diesem demografischen Wandel allerdings ausschließlich eine Belastung unserer Sozialsysteme zu sehen, ist verfehlt. Alte Menschen sind mit ihren Erfahrungen und ihrem unschätzbaren Wissen auch eine Chance für alle Bereiche der Gesellschaft. Aufgabe der Politik ist es, auf diese Veränderungen angemessen zu reagieren. Dazu gehört, die Interessen und Bedürfnisse älterer Menschen besser in die Gesellschaft einzubinden, Ihr Wissen besser zu nutzen und einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft anzustoßen. Es muss ein neues Bild des Alters geschaffen werden.

1. Potenziale nutzen: Wir wollen starre und diskriminierende Altersgrenzen überprüfen und durchbrechen. Ältere sind heute länger leistungsfähig als früher. Viele wollen und können länger arbeiten. Sie sind geistig und körperlich fit und möchten noch nicht in den Ruhestand versetzt werden. Laut einer Forsa-Umfrage wünscht sich ein Viertel der Menschen im Alter zwischen 60 und 80 Jahren einen bezahlten Job, 14 Prozent haben einen. Ältere punkten mit Kompetenz, Erfahrung und Zuverlässigkeit. Hart erarbeitete Fähigkeiten und Wissen, das wir in Wirtschaft und Arbeitswelt brauchen und nicht zwangsweise brachliegen lassen sollten, sind Potentiale dieser Generation. Auch die Erweiterung fachlicher Kompetenzen im Alter, die Förderung und der Ausbau von Weiterbildungsmöglichkeiten, das „lebenslange Lernen“ ist für uns unverzichtbarer Bestandteil zukünftiger Politik.

2. Beschäftigungsoffensive für ältere Menschen: Die Erhöhung der Erwerbsquote älterer Menschen ist eine zwangsläufige Konsequenz aus der demografischen Entwicklung, sie ist eine der wichtigsten Aufgaben der politischen Gegenwart. Deshalb sollte die Abschaffung gesetzlicher und tarifvertraglicher Altersgrenzen für den Eintritt in den Ruhestand und die Überprüfung von Senioritätsregeln eine dringliche Aufgabe sein. Hierzu sind Modelle zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten im Alter und gleichzeitig Anreize für Weiterbeschäftigung zu schaffen. In Unternehmen und Verwaltungen soll ein Altersmanagement eingeführt werden, das ein einvernehmliches Ausgleiten in den Ruhestand ermöglicht.

3. Lebenslanges Lernen: Den Vorsprung an Energie, Dynamik und Ehrgeiz der Jüngeren können Ältere durch Wissen, Erfahrung und Zuverlässigkeit ausgleichen. Eine wichtige Voraussetzung für ein längeres Verbleiben im Beruf ist der Erwerb neuer Qualifikationen und die Sicherung von Kompetenzen um mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten. Lernentwöhnung und mangelnde Lernmotivation müssen durch gezielte Angebote für Ältere beseitigt werden. Innovative Konzepte für ein lebenslanges Lernen sind notwendig. Dies gilt auch für die Zeit nach dem Ausgleiten aus dem Arbeitsleben. Hier sollte ein neues Bild des Lernens in den Bereichen Literatur, Kunst, Wissenschaft, Religion, Reisen angeboten werden. Ältere lernen nicht schlechter oder langsamer, sie lernen anders. Zur Finanzierung des „lebenslangen Lernen“ wäre ein Lösungsansatz, die Einführung von Lernkonten, ähnlich des Bausparerprinzips, die mit Finanzhilfen und Steuervergünstigungen gefördert werden.

4. Ehrenamt stärken: Sachsen gehört bundesweit zum Vorfeld in Sachen bürgerschaftlichen Engagements. Für Seniorinnen und Senioren bieten sich hervorragende Möglichkeiten, sich in die Gesellschaft einzubringen und ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben. Egal, ob in der Kinderbetreuung, bei der Arbeit mit Behinderten, in der Bildung, im Sport oder kulturellen Projekten. Ein „Freiwilliges Jahr für Senioren“ sollte ein Anreiz schaffen. Solch ein Engagement ist ein Gewinn für die Gesellschaft. Wir sprechen uns dafür aus, solche Projekte zu verstetigen und weiter zu entwickeln. Die Ehrenamtskarte als attraktive Anerkennung für bürgerschaftliches Engagement in Sachsen würde ein Anreiz bieten.

5. Eigenverantwortung im Alltag: Ältere wollen so lange wie möglich ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben führen können. Deshalb ist es notwendig, die Entwicklung altersgerechter Wohnkonzepte zu fördern. Vornehmliches Ziel muss es sein, bestehenden Wohnraum barrierearm umzubauen, um so den Wunsch jedes einzelnen zu respektieren, in der vertrauten Umgebung zu bleiben zu können. Außerdem brauchen wir vor Ort eine qualitativ hochwertige, wirtschaftliche und möglichst wohnnahe Gesundheitsversorgung, sowie ausreichend ambulante Betreuungs- und Pflegeangebote. Gerade im ländlichen Raum ist eine bedarfsgerechte Infrastruktur wichtig. Die so gewonnene Eigenständigkeit gibt jedem die Möglichkeit, in Würde zu altern.

6. Eigenständiges Leben in Stadt und Gemeinde: Bei der Entwicklung sächsischer Städte und Gemeinden wollen wir auch den spezifischen Bedürfnissen von älteren Menschen Rechnung tragen. Vor allem gilt es, soziale Infrastrukturen (Kita, Schulen, Begegnungsstätten, Pflegeheime) zentral vorzuhalten und eine gute Anbindung und barrierearme Erreichbarkeit zu gewährleisten. Dabei werden wir Städte und Gemeinden in Sachsen nach Kräften unterstützen. Von herausragender Bedeutung sind der Zugang zur Stadt und die innerstädtische Mobilität, sowie eine effiziente verkehrliche Verknüpfung zwischen Zentrum, dem Umland und dem ländlichen Raum. Hier sind pragmatische Lösungen zu bevorzugen, die eine intelligente Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger ermöglichen und so individuelle Freiheit und ökonomisch – ökologische Effizienz in Einklang bringen. Neben dem Individual- und Bahnverkehr ist hier insbesondere auch an Busverkehr zu denken, der eine ökonomische und ökologisch vernünftige und vor allem Alternative darstellen.

7. „Zeit für Verantwortung“: Wir möchten die Zeit und Leistung, die Menschen bei der Pflege ihrer Angehörigen aufbringen und den gesellschaftlichen Beitrag, den sie dadurch leisten, angemessen würdigen. Deshalb wollen wir an der Entwicklung von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, wie der Teilpflegezeit und deren Umsetzung mitwirken.

8. Lokal Handeln: Seniorenpolitik wird ganz maßgeblich auf kommunaler Ebene gestaltet. Politisches Ziel muss sein, Netzwerke vor Ort auf- und auszubauen und durch Synergieeffekte optimal zu nutzen. Daher unterstützen wir entsprechende Projekte wie z.B. die Zusammenarbeit zwischen Mehrgenerationenhäusern und regionalen Alzheimer-Stiftungen. Die Seniorenbeiräte in den Kommunen sollten mit Antragsrecht in den Räten und Kreistagen ausgestattet werden, denn andernfalls bleiben sie kraftlos.